Қазақстан Республикасының білім және ғылым миннистрлігі


Тест сұрақтарының жауаптары



бет91/92
Дата06.02.2022
өлшемі2,34 Mb.
#39818
түріПрактикум
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Тест сұрақтарының жауаптары



1 деңгейдің қиындылығы

2 деңгейдің қиындылығы

3 деңгейдің қиындылығы

Сұрақтың нөмірі

Дұрыс жауабы

Сұрақтың нөмірі

Дұрыс жауабы

Сұрақтың нөмірі

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Beilage zur Förderung der theoretischen Kenntisse
Теориялық білімді бекіту үшін арналған қосымша
Interkulturelle Missverständnisse in Text und Translation.
Мәтін мен аудармадағы мәдениетаралық қателіктер мен түсінбеушіліктер
Einige Überlegungen am Beispiel des Englischen und Deutschen
Неміс тілі мен ағылшын тілдеріндегімысалдар негізіндегі ойлар
Heidrun Gerzymisch-Arbogast (Saarbrücken)
Zu den großen Forschungsanliegen von Juliane House gehört die Untersuchung interkultureller Missverständnisse, insbesondere die von Missverständnissen in Begegnungen zwischen Mitgliedern der deutschen und englischen Sprach- und Kulturgemeinschaften (House 1993, 1996a,b,c, 1999 u.a.). Dabei gelten Missverständnisse als Indikatoren für Schwierigkeiten in interkulturellen Begegnungen und haben viele verschiedene Ursachen. Es gibt Missverständnisse im akustischen Bereich, in der Wortbedeutung, in der syntaktischen und semantischen Gliederung, im Textaufbau, in der Textintention (ironisch intendierte Texte können z.B. als ernst gemeinte Texte missverstanden werden und umgekehrt). Zu den interessantesten und verwirrendsten interkulturellen Missverständnissen zählt Juliane House unterschiedliche Diskurskonventionen und die ihnen zu Grunde liegenden Werte und Präferenzen: „Solche Missverständnisse und, als deren Folge, Abneigung und Vorverurteilung der intendierten und (mit)gemeinten Bedeutungen der Äußerungen des Gesprächspartners“ (House 1996c: 12). Die von House durchgeführten kultur- und sprachkontrastiven Analysen gesprochener Diskurse werden unterstützt durch die Ergebnisse zahlreicher deutsch-englischer kontrastiver Untersuchungen schriftsprachlicher Diskurse (u.a. Kaplan 1966; Clyne 1996; Luchtenberg 1994; Oldenburg 1992; Graefen 1994; Gerzymisch- Arbogast 1997; Buhl 1999 sowie vieler anderer Forscher), die insbesondere im fachsprachlichen Bereich kulturgeprägte ‚intellektuelle Stile’ (Galtung 1985) verglichen haben und kulturell und sprachlich bedingte Unterschiede in der Strukturierung und Organisation von Informationen (z.B. Leser- gegenüber Schreiberorientierung, Inhaltsorientierung gegenüber einer stärkeren Berücksichtigung und Miteinbeziehung der Adressaten etc.) aufgedeckt und beschrieben haben. Für die Übersetzungswissenschaft sind solche Diskrepanzen relevant, weil bei der Erstellung ‚verdeckter Übersetzungen’ ein ‚kultureller Filter’ angewendet werden muss, mit Hilfe dessen - zur Erzielung pragmatischer Äquivalenz zwischen Ausgangs- und Zieltext bei der Übersetzung - explizite Zugeständnisse an kulturbedingte Erwartungsnormen der Zielkultur-Adressaten auf Kosten der Invarianz des Denotats gemacht werden müssen (House 1997: 95ff.). Von der Übersetzungsdimension interkultureller Missverständnisse geht der folgende Artikel aus und schlägt am Beispiel deutsch-englischer Übersetzungen verschiedene Ordnungsrahmen vor, entlang derer beschrieben werden kann, wie sich interkulturelle Missverständnisse im Textverlauf manifestieren bzw. zu nicht intendierten, missverständlichen Sinnebenen in Texten verdichten können. Interkulturelle Missverständnisse in Texten Zunächst ist begrifflich zu klären, dass Missverstehen bzw. Missverständnis von Nicht- Verstehen zu trennen ist, denn zum Missverstehen gehört, g e g l a u b t zu haben, den Anderen zu verstehen, das Missverstehen erscheint also zunächst als etwas Verstandenes (Mudersbach 1987). Das ist für die Humanübersetzung wichtig, da hier das ethische Prinzip Gültigkeit hat, dass nur übersetzt werden kann, was verstanden wurde (oder jedenfalls das, was man glaubt verstanden zu haben). Ausgehend von dieser Voraussetzung sollen im Folgenden drei Textdimensionen interkultureller Missverständnisse unterschieden werden, je nachdem, ob es sich dabei um inhaltlich oder strukturell motivierte Missverständnisse handelt, die sich an einem Ausgangspunkt, meist am einzelnen Wort und seiner Bedeutung (im Kontext) oder einer bestimmten Struktur, festmachen lassen (so genannte isotopische und thematische Textmuster) oder um nur ganzheitlich verstehbare Muster (so genannte holistische Konstellationen). Das Charakteristische an den isotopischen und thematischen Textmustern ist, dass sie von einem interkulturellen Missverständnis ausgehen, das sich konkret als Ausgangspunkt des Musters an einer bestimmten Textstelle festlegen lässt, sich dann im Textverlauf inkrementell verdichtet bzw. eine im Text (und in der Übersetzung) nicht intendierte Sinnebene bildet. Dabei ist die Verdichtung summativ erfassbar. Anhand von Beispielen werden im Folgenden Textmuster beschrieben, die auf missverstandene Denotate, Konnotationen und thematische Strukturen zurückgehen. Akustische, phonologische und intonatorisch motivierte Textmuster von interkulturellen Missverständnissen bleiben hier unberücksichtigt. Während die isotopischen und thematischen Textmuster eine gewisse Regelhaftigkeit aufweisen, erscheinen die so genannten holistischen Konstellationen nicht regelhaft oder vorhersehbar im Text und nehmen ihren Ausgangspunkt nicht am konkreten Einzelelement, das sich im Text fortlaufend entwickelt, sondern sind nur als ganzheitliche (Text)gestalt beschreibbar. Dabei handelt es sich um Aktualisierungen bzw. Konkretisierungen (Gerzymisch-Arbogast & Mudersbach 1998: 64) von außersprachlich angelegten Wissenssystemen im Text, die in ihrer Gesamtheit als ganzheitliches Gefüge bzw. Als Konstellation (quantitativ und qualitativ) beschreibbar sind (zum Begriff der kulturellen Konstellationen vgl. Floros 2002). Beispiele für holistische Konstellationen sind kulturell unterschiedliche Systeme und Konventionen, wie die von Juliane House beschriebenen interkulturell differierenden Diskurskonventionen und Präferenzen, aber auch andere, nur ganzheitlich über die Textgestalt erfassbare Phänomene, wie z.B. fremdsprachliche Elemente-in-Funktion in Texten.2 Zu den gestalthaften Konstellationen gehört auch die Textdimension der Ironie (vgl. 4.3). Diese unterschiedlichen Textmuster und Konstellationen sollen im Folgenden anhand von deutsch-englischen Übersetzungen exemplarisch illustriert werden

2 Isotopische Muster von interkulturellen Missverständnissen


in Text und Übersetzung
Isotopie im Greimas’schen Sinn bezeichnet das rekurrente Auftreten semantischer Merkmale im Text (Greimas 1966; Greimas & Courtés 1982). Die Literatur zu diesem Bereich ist reich dokumentiert (u.a. Arrivé & Coquet 1987; Rastier 1974, 1996; van Dijk 1972; Eco 1984), so dass hier nicht im Einzelnen auf Begriff und Methodik eingegangen werden muss (zur Kritik vgl. Mudersbach & Gerzymisch-Arbogast 1989). Im Folgenden wird nur auf Isotopien von interkulturellen Missverständnissen lexikalisch-semantischer Art eingegangen.

2.1 Denotative isotopische Muster


Denotative Muster haben ihren Ausgangspunkt in einem Missverständnis des Denotats, wobei häufig die muttersprachliche Bedeutung auf den fremdsprachlichen Ausdruck übertragen und auf diesem Wege ein Missverständnis produziert wird. Die wohl bekanntesten interkulturellen Missverständnisse im englisch-deutschen Sprachenpaarvergleich sind denotativer Art und gehen oft auf lexikalische Interferenzen zurück. Pragmatisch führt der amerikanische ‚first floor‘ im Gegensatz zum deutschen ‚Erdgeschoss‘ z.B. zu Verwechslungen bei der Übersetzung von Fahrstuhl-Nomenklaturen und die Aufschrift ‚Frei‘ am deutschen Parkhaus führt den des Deutschen weniger mächtigen Amerikaner mitunter zu der irrigen Annahme, das Parken sei hier ‚frei‘ im Sinne von ‚gratis‘. Der folgende Dialog zeigt die Textdimension des Missverständnisses (mit komischem Effekt):
Eine besonders eindrucksvolle Demonstration Heidelberger Gastfreundschaft und Weltläufigkeit erlebten wir bei unserem Schlossbesuch in der Weinstube Streibich im Schlosshof. Ein junges amerikanisches Ehepaar orderte dort in angestrengtem Deutsch ein Steak, nicht ohne auf Englisch hinzuzufügen: „Can we have it well done?“ (Können wir’s gut durchgebraten haben?) Worauf der Oberkellner sein bestes Englisch zusammensuchte und höflich zurückfragte: „Why? Do you mean there is something wrong with it?“ (Meinen Sie, mit denen stimmt was nicht?) Und freundlich versicherte: “Our steaks are all very well done.” Was zweifellos stimmt. (Heidelberg City Revue
1986/87: 54)
Hier besteht das Missverständnis auf dem Ausdruck „well done“ im Sinne von „durch(gebraten)“; der Kellner versteht dies aber, wie seine Antwortsequenz zeigt, wörtlich als „gut gemacht“.
Witze leben geradezu von solchen Missverständnissen, wie Marfurt (1977) ausgehend vom Isotopie-Konzept Greimas‘ und Raskin (1982) im Rahmen seiner ‚semantic scripts‘ dies anschaulich zeigen.

2.2 Konnotative Muster


Konnotative Muster haben ihren Ausgangspunkt häufig in einer Mitbedeutung, die vom Leser und/oder Übersetzer nicht erkannt wird. Hier zeigt sich besonders deutlich, wie wichtig das Textverständnis beim Übersetzen ist. Im Rahmen einer maschinellen Übersetzung wäre beispielsweise die konnotative Dimension des Wettstreits, die über die Konnotation des Wettbewerbs bzw. Wettkampfes der Phraseme „nicht Zaungast bleiben“, „Herr seiner Zukunft bleiben“, „unter Beschuss liegen“, „in den Griff bekommen“ sowie „in Angriff nehmen“ im folgenden Beispiel hergestellt wird, nicht erkenn- und übersetzbar. Soll diese konnotative Sinnebene in der Übersetzung invariant bleiben, muss die Übersetzerin im Umgang mit solchen Textphänomenen entsprechend geschult sein. [...] Europa kann es sich nicht leisten, Zaungast zu bleiben. Europa muß daher eine positive Rolle übernehmen, um Herr seiner Zukunft zu bleiben. Daß sie direkt unter Beschuß liegt, ist sich die Industrie schon seit längerer Zeit im klaren und hat sich bemüht, die Situation in den Griff zu bekommen. Die Kommission schlägt daher vor, die erste Fünfjahresphase des zehnjährigenm Programms Esprit in Angriff zu nehmen [...]. (Rothkegel 1999: 94) Lässt man diesen Text durch ein maschinelles Übersetzungsprogramm laufen, ergibt sich folgender englischer Text: *[…] Europe cannot afford it to remain fence guest. Europe must take over therefore a positive *inch, in order to remain master of its future. Since it is directly under bombardment, itself the industry is already for a long time in the clear and strove to get the situation into the grasp. The commission therefore suggests tackling the first five-yearly phase of the ten-year program Esprit […]. (Heisoft AG - Systran Translation Software: Target Text) Das Nicht-Erkennen von Konnotationen kann für den Übersetzer (der glaubt, die Bedeutung ganz verstanden zu haben) aber auch bei der Zieltextproduktion zu (mitunter peinlichen) Missverständnissen führen.
Englische Übersetzung: […] Busy, noisy and gay they are all - but if you want to meet extraordinary people and find a typical atmosphere you have to leave the main „routes“ because the real Heidelbergians prefer the niches far from the touristical centers. And as he is friendly but indeed a bit shy you need a clear eye to pick him out, the “homo heidelbergensis”. Don’t shrink back if the outward appearance seems queer to you. Or you might miss just one of those places where loneliness and lack of communication are unknown words. You can hear the musical mixture of accents at it’s best sitting cosily in one of the city’s many old pubs. Especially in the chilly autumn after the wine harvest Heidelbergians like to chat over a new wine and warm onion cake. And as the wine flows even strangers are invited to join in the conversation […].
(Heidelberg City Revue 1986/87: 62)


Deutsches Original
Reger Betrieb und gute Stimmung finden sich schnell. Wenn man aber Kontakte zu netten Leuten und urige Atmosphäre sucht, empfiehlt es sich, die üblichen Stadtpfade zu verlassen. Denn die „echten“ Heidelberger ziehen sich gern etwas zurück vom Besucherrummel in die engen, winkeligen Gassen der Altstadt. Unscheinbare Äußerlichkeiten und kuriose Namen könnten zunächst abschreckend wirken, aber bange machen gilt nicht. Gerade dann würde man womöglich einen jener seltenen Orte übergehen, wo Isolation und Kontaktschwierigkeiten Fremdworte sind und bleiben sollen. Wie zum Beispiel im „Weinloch [...]. (Heidelberg City Revue 1986/87: 54) Hier hat der Übersetzer die Konnotation von ‚gay‘ im heutigen Englisch nicht erkannt bzw. ‚missverstanden’, die nun über ‚homo (heidelbergensis‘) und die Verwendung des Adjektivs ‚queer‘ fortgeführt wird und sich so zu einer im Original nicht angelegten Sinnebene verdichtet.

3 Thematische Muster als Quelle von Missverständnissen


in Text und Übersetzung
Thematische Muster haben als Ausgangspunkt eine Themasetzung bzw. ein Muster von Themasetzungen, die in der Ausgangssprache konventionell akzeptiert, in der Zielsprache aber ungewöhnlich ist und daher stilistisch als unschön empfunden und eher vermieden wird. Ein bekanntes Beispiel ist hier der im Englischen übliche Satzbeginn mit dem Subjekt (= Thema) auch über längere Passagen hinweg. Im Rahmen einer Übersetzung ins Deutsche wirkt dies monoton und stilistisch ungeschickt und führt über die Vermeidungsstrategie der adverbialen Bestimmungen häufig zu denotativen Übersetzungsfehlern (vgl. Dazu Gerzymisch-Arbogast 1994: 139f.). Güttinger gibt bereits 1963 ein einleuchtendes Beispiel für diese Problematik, wenn er eine Passage aus Johnson, Boswell und Levi (1773) im Original und in der Übersetzung zitiert:
Englisches Original:
She asked us to sit down and take a dram. I saw one chair. She said she was as happy as any woman in Scotland. She could hardly speak any English except a few detached words. Dr Johnson was pleased at seeing, for the first time, such a state of human life. She asked for snuff. It is her luxury, and she uses a great deal. We had none; but gave her sixpence a piece. She then brought out her whisky bottle. I tasted it; as did Joseph and our guides: so I gave her sixpence more. She sent us away with many prayers in Erse […]. (Güttinger 1963: 203f.)
Deutsche Übersetzung:
Sie bat uns, dass wir uns setzen und einen Schluck nehmen möchten. Ich sah nur einen Stuhl. Sie sagte, sie wäre so glücklich als irgendeine Frau in Schottland. Sie konnte fast gar kein Englisch reden, einige wenige einzelne Worte ausgenommen. Dr. Johnson fand Vergnügen daran, als er zum ersten Male eine solche Szene des menschlichen Lebens sah. Sie forderte Schnupftabak, den sie sehr stark braucht. Wir hatten keinen, gaben ihr aber jeder sechs Pence. Sie langte darauf ihre Flasche mit Whisky hervor. Ich trank davon, so wie auch Joseph und unsere Wegweiser. Hierauf gab ich ihr noch sechs Pence. Bei unserem Abschiede begleitete sie uns mit vielen Wünschen in ersischer Sprache [...] (Güttinger 1963: 203)
Güttinger kommentiert die Übersetzungsproblematik wie folgt:
Man kann im Deutschen unmöglich eine ganze Reihe von Sätzen mit demselben Subjekt beginnen, auch in einer bloßen Berichterstattung nicht. Man kann das nicht, weil die Umstellung von Subjekt und Prädikat im Deutschen so häufig ist, dass man sie vermisst, wenn sie über mehrere Sätze hinweg ausbleibt. Umstellung findet im Deutschen statt, wenn der Satz mit einer adverbialen Bestimmung oder überhaupt mit einem anderen Satzteil als dem Subjekt beginnt; wenn er mit einer Konjunktion von adverbialem Charakter beginnt (auch, doch, dennoch, jedoch, zwar, dann, indessen, dagegen, daher, besonders); wenn dem Hauptsatz ein Nebensatz vorangeht. Kurz, die Umstellung ist im Deutschen so häufig, wie sie im Englischen selten ist [...]. (Güttinger 1963: 204)
Heute haben wir mit dem Begriff der Thema-Rhema-Gliederung eine präzisere Beschreibungsmöglichkeit und können sagen, dass die Ausdrucksmöglichkeiten und -konventionen der Thema-Rhema-Gliederung im Sprachenpaarvergleich variieren und dass sich dadurch in der Textdimension interkulturell unterschiedliche Präferenzen feststellen lassen (vgl. dazu auch die Beispiele zur thematischen Progression und zur transphrastischen Thema-Rhema-Gliederung in Gerzymisch-Arbogast 1997). Mit diesen Beispielen befinden wir uns bereits sehr nahe am Bereich interkultureller Diskursphänomene und damit an der Grenze zu den holistischen Konstellationen von Missverständnissen, zu denen es in Texten kommen kann. 4 Holistische Konstellationen von interkulturellen Missverständnissen in Text und Übersetzung Im Gegensatz zu den isotopischen und thematischen Mustern, die sich an einem Ausgangselement als der Quelle der Textdimension von interkulturellen Missverständnissen festmachen und die sich inkrementell in ihrer Verdichtung messen lassen, sind holistische Konstellationen nur als ganzheitliche Gestalt und nicht über Einzelelemente erfassbar. Es handelt sich dabei um Konkretisierungen von Wissenssystemen im Sinne von Gerzymisch- Arbogast und Mudersbach (1998: 64), die sich ähnlich den kulturellen Konstellationen bei Floros (2002) als Gefüge quantitativ und qualitativ beschreiben lassen. Zu diesem Bereich gehören die interkulturell unterschiedlichen Diskurspräferenzen, die häufig über das interkulturelle Missverständnis zu Vorurteilen und Klischees in Bezug auf das ‚Fremde‘ am Text führen.3 Im Folgenden sollen exemplarisch drei Konstellationen angesprochen und mit Beispielen dokumentiert werden.

4.1 Pragmatisch-konventionelle Konstellationen


Konventionelle Konstellationen von interkulturellen Missverständnissen etablieren sich über die Übernahme von Handlungsschemata der Ausgangskultur in die Zielkultur. Diese erscheinen dann zwar ‚im Kleid‘ der Zielsprache, passen aber nicht zum zielsprachlichen Handlungssystem und werden so im Zieltext in ihrer Funktion missverstanden und führen zu einem Kontrast zur herrschenden Norm. Diese Problematik findet sich hauptsächlich als Problem bei der Übersetzung literarischer Texte.
Ein anschauliches Beispiel liefert Eco:
It would seem that to translate “oui, monsieur” as “Yes, sir”, or “sì signore” is a simple task. But when translating a nineteenth-century French novel, must we use “sir” (or “signore”) when “monsieur” appears in the original? Polite French people still address cab drivers as “Monsieur”, while it would seem exaggerated to use “Sir” in a similar circumstance in, say, New York. “Sir” would have to be kept if in the original text it is intended to represent a very formal relationship, between two strangers, or between a subaltern and his superior, while it seems improper (or even ironical) in more intimate circumstances. Referring to a passerby, in New York one would say “that guy”, while in Paris one would say “ce monsieur là” (“ce mec là” would already be slang). In Paris two neighbours entering the elevator together might greet each other with “bonjour, monsieur”, while in Italian “buongiorno, signore” would introduce an excessively formal note […]. (Eco 2001: 18)

4.2 Textnormative Konstellationen


Textnormative Konstellationen von interkulturellen Missverständnissen etablieren sich über die Übernahme von Textnormen der Ausgangskultur in die Zielkultur. Wie die konventionellen Konstellationen auch erscheinen diese dann zwar ‚im Kleid‘ der Zielsprache, wirken aber in der Zielsprache als Kontrast zur Norm4 und werden daher häufig als ‚fremd‘ abgelehnt. Das Wissen um interkulturell unterschiedliche Textnormen ist hauptsächlich für die Übersetzung von Wissenschaftstexten relevant (vgl. Kalverkämper & Weinrich 1986; Gerzymisch-Arbogast 1997).
Juliane House hat sich in ihren Arbeiten ausführlich mit dieser Problematik befasst und eine Fülle von Beispielen - auch für die textnormative Dimension - zur Verfügung gestellt (vgl. vor allem 1996c: 13), so dass es hier eigentlich kaum einer zusätzlichen Illustration bedarf. Dennoch soll im Folgenden auf eine noch wenig behandelte Textsorte hingewiesen werden, bei der die deutsche Norm besonders krass im Englischen wirkt und die englische Norm sicherlich nur positive Wirkungen auf den deutschen Empfänger haben kann: dem Absagebrief im Falle einer erfolglosen Bewerbung.5 Hier bewegen wir uns bereits nahe der Grenze zu den Lakoff’schen Höflichkeitsmaximen (1990), wobei House (1996c: 10) meint, dass von den drei Höflichkeitsgrundsätzen ‚Dräng dich nicht auf!‘, ‚Gib Interpretationsfreiheit!‘ und ‚Vermittle dem Adressaten ein gutes Gefühl‘ die beiden letzten im Deutschen anders gewichtet sind. Auch wenn es weniger der deutschen Norm entspricht, dem ‚Adressaten ein gutes Gefühl‘ zu vermitteln, dürfte hier die englische Norm wohl ausschließlich positiv wirken, was bei wissenschaftlichen Texten nicht unbedingt der Fall sein muss.

4.3 Zur Konstellation der Ironie


Schließlich soll noch kurz auf eine Konstellation interkultureller Missverständnisse eingegangen werden, die in ihrer ganzheitlichen Erfassung und Beschreibung besonders schwierig ist: die Ironie in Texten, die - zumal, wenn sie nur verdeckt und nicht offen angelegt ist - dem Übersetzer häufig unerkannt bleibt, insbesondere wenn die Konventionen des impliziten bzw. expliziten Ausdrucks für Ironie im Sprachenpaarvergleich unterschiedlich sind. Es handelt sich im Folgenden um ein Gedicht10, das die Problematik der nuklearen Verseuchung durch den Tschernobyl-Unfall zum Thema hat und das exemplarisch in fünf Sprachen übersetzt wurde (Gerzymisch-Arbogast & Mudersbach 1998). Das Ironiesystem wurde von Hildegard Seyl (1998: 274) entwickelt und für die Übersetzung in das Spanische konkretisiert (Gerzymisch-Arbogast et al. 1999: 314). Die Ironie manifestiert sich verdeckt über viele Textstellen hinweg und offen-explizit am Ende des Gedichts über die Garantie einer übergeordneten ‚Zentrale‘ für beste Güte und gesunde Vielfalt der Milch, die aber - trotz genauestem Einhalten der Vorschriften durch den Verbraucher - nicht eingelöst wird bzw. werden kann.11 Der folgende Ausschnitt konkretisiert verschiedene Formen der Ironie zu Beginn des Gedichts im Original und in der spanischen Übersetzung. Die Zahlen im Kästchen zeigen die Konkretisierung (= unterstrichene Textstellen) der vorgetäuschten ‚naiven‘ Haltung des Sprechers.
Deutsches Original:
Für höchstes Gut
Ich hatte einen Liter Milch gekauft - 4.1; 4.2 Ironie
„Axel-frisch-Milch 1,5% Fett“
„Bei + 10° C mindestens haltbar 1. Formen der Ironie bis 6.5.86“

5 Zusammenfassung


Der vorliegende Artikel wollte anhand von Beispielen zeigen, dass interkulturelle Missverständnisse auch möglicherweise nicht intendierte Sinnebenen in Texten konstituieren können. Für die Übersetzerin bedeutet dies, dass sie sich diese Textdimension bewusst machen muss, wenn missverständliche Muster oder Konstellationen vermieden werden sollen. In der Didaktik zum Übersetzen und Dolmetschen sollten daher entsprechende Inhalte in die wissenschaftliche Grundlegung der Ausbildung mit einbezogen werden. Für die Übersetzungs- und Dolmetschforschung schließlich heißt dies, dass die kontrastive Textdimension interkultureller Missverständnisse auch im Hinblick auf andere Sprachen- und Kulturpaare ein breites Spektrum lohnender Forschungsfragen und -desiderate aufwirft.



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